Vorrang für regionale Lebensmittel und faire Produktpreise. Bessere Chancen für kleine und mittlere landwirtschaftliche Betriebe
SPÖ Bezirk Freistadt startet ins Wahlkampf-Finish für die Landwirtschaftskammer-Wahl am 24. Jänner 2021
Michael Lindner:
Die Corona-Krise hat viele von uns zum Nachdenken angeregt, nämlich darüber wie wir Leben und wie wir künftig leben wollen. Etwa die Fragen: Warum wird Fleisch hunderte Kilometer nach Österreich transportiert und dann im Lokal als Schnitzel serviert? Und die Antwort ist: Weil es oft leichter verfügbar und billiger ist. Das ist aber kein Naturgesetz, das können und müssen wir politisch gestalten.
Regionalität und Qualität werden immer wichtiger
Der erste Schritt wurde bereits geschafft: Im Juni hat der Nationalrat die verpflichtende Herkunftskennzeichnung von Fleisch, Milch und Eiern im Bereich der Gemeinschaftsverpflegung beschlossen. Jedoch gibt es bis heute keine Verpflichtung in der Gastronomie. Sich auf Freiwilligkeit zu verlassen, ist zwar gut gemeint, aber nicht ausreichend. Es ist erfreulich, dass die Wirtschaftskammer kurz vor dem Weihnachtsgeschäft auch erkannt hat, dass sie nicht nur die Interessen von globalen Konzernen vertreten soll, sondern auch von den vielen heimischen Betrieben, die auch ein Rückgrat unserer Wirtschaft darstellen.
Viele Menschen in Österreich bemühen sich, trotz Krise die regionale Wirtschaft zu unterstützen. Es wird Zeit, dass dieses Bemühen auch politisch Fuß fasst. Wir laden daher die Wirtschaftskammer ein, ihre Blockadehaltung zu überdenken und anzuerkennen: Eine Kennzeichnung bringt allen was. Denn klar ist: Regionale Lebensmittel schaffen Arbeitsplätze und schützen unsere Natur. Es braucht daher eine verpflichtendes Gütesiegel und Kennzeichnung, wenn das Schnitzel beim Wirt ein heimisches ist, und nicht unter schlechten, tierfeindlichen Bedingungen aufgezogen wurden und dann quer über den Kontinent transportiert wurden.
Um eine flächendeckende Bewirtschaftung in Österreich aufrechtzuerhalten, braucht es gute Rahmenbedingungen für die heimische Landwirtschaft – weg von ein paar Monopolisten, hin zu Vielfalt und Regionalität.
Oberösterreich hat eine Gesamtverantwortung für bäuerliche Familienbetriebe und muss daher für eine ökonomisch unabhängige Bauernschaft eintreten. Daher sind faire Preise für oberösterreichische Produkte ein Grundanliegen. Fest steht: Massenproduktion hat gegenüber qualitativ hochwertigen Agrarprodukten eindeutig den Nachrang!
Kammerrätin Anna Prandstetter, Bezirksbauern-Vorsitzender Florian Kastner:
Wir wollen eine nachhaltige Lebensmittelproduktion. Die Landwirtschaft soll zu einem gesunden Leben beitragen, qualitätsvolle und möglichst regionale Ernährung sicherstellen und besondere Rücksicht auf Tierrechte und Tierwohl nehmen. Biologische Produktion, traditionelle Anbauweisen und eine kleinstrukturierte Landwirtschaft leisten hierzu wichtige Beiträge. Zusätzlich sind die technische Entwicklung und insbesondere die Digitalisierung zu beachten. Alle diese Faktoren können eine nachhaltigere Lebensmittelproduktion ermöglichen. Um eine solche zu erreichen, ist es auch notwendig, auf das saisonale Angebot im Jahreslauf zu achten. Der Einsatz von Pestiziden muss so gering wie möglich gehalten werden. So wie überall muss der Einsatz von Technik auch in der Landwirtschaft Menschen, Tieren und Umwelt Vorteile bringen und darf nicht auf deren Kosten eingesetzt werden. Gentechnisch manipulierte Organismen haben in unserer Landwirtschaft nichts verloren.
Wir bekennen uns zu einer gerechten und transparenten Landwirtschaftsförderung, die an ökologische und soziale Kriterien gebunden ist. Familienbetriebe, Nebenerwerbsbetriebe und Bergbauernbetriebe sollen dadurch erhalten bleiben. Das entscheidende Förderkriterium dabei ist nicht der Grundbesitz, sondern der notwendige Arbeitseinsatz. Wir wollen eine Landwirtschaft, die neben der Sicherung der Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln der Erhaltung der Biodiversität und einer intakten Natur, dem Schutz vor Naturgefahren und der Pflege der Kulturlandschaft dient. Dazu ist die Ausweitung von geschützten Gebieten unerlässlich. Der hohe Stellenwert gesunder Böden ist ein zentrales Anliegen einer zukunftsorientierten Landwirtschaft. Die Zerstörung fruchtbarer Böden muss minimiert werden. Gleichzeitig gilt es, bodenschonende Konzepte der landwirtschaftlichen Produktion zu entwickeln. Dadurch, dass Bauern und Bäuerinnen faire Einkommen für ihre Leistungen bekommen, soll die Arbeit in der Landwirtschaft attraktiver werden.
Wir stehen für einen nachhaltigen Wandel unseres Umgangs mit Tieren.
Die Würde und das Wohlergehen der Tiere sind uns wichtig. Wir stellen uns den zentralen Themen des Tierschutzes in der gesellschaftlichen und politischen Auseinandersetzung, hier vor allem den tierschutzrelevanten Bereichen der Haltung, der Pflege und des Transports von Tieren, aber auch dem Konsum tierischer Produkte
GAP-Reform: „Wir brauchen endlich eine Agrarwende“
Österreich hat im Vergleich mit anderen EU-Ländern mehrheitlich kleinere landwirtschaftliche Betriebe. Daher muss es in der neuen GAP-Periode für die ersten 20 bis 30 Ha höhere Prämien je Hektar Fläche geben. Am besten wäre es, natürlich weg von Flächenprämien, dafür mehr die Arbeitskraft in den Vordergrund zu stellen. Nur so wird es möglich sein, den Strukturwandel zu verlangsamen. Gerade in Zeiten von Corona hat man gesehen, dass die Regionalität und die Nahversorgung mit besten Lebensmitteln wichtig ist.
Die Reform der „Gemeinsamen Agrarpolitik“ (GAP) beschäftigt uns seit geraumer Zeit. Angesichts der Coronakrise und den damit in Verbindung stehenden neuen Anforderungen an das EU-Budget, wird es für den neuen Agrarhaushalt eine längere Übergangszeit geben. Derzeit geht man von rund zwei Jahren aus. Dies bietet uns die Gelegenheit, wichtigen Forderungen der SPÖ Bäuerinnen und Bauern nochmals Nachdruck zu verleihen.
Derzeit wird intensiv an einem neuen „Mehrjährigen Finanzrahmen“ (MFR) für die kommenden Jahre gearbeitet. Ein Blick auf die bloßen Zahlen verdeutlicht die Wichtigkeit dieses Vorhabens: Jedes Jahr werden nämlich mehr als 50 Milliarden Euro an die europäischen Bäuerinnen und Bauern ausgezahlt. Die „Gemeinsame Agrarpolitik“ ist somit der entscheidende Hebel, um die Landwirtschaftspolitik neu gestalten zu können.
Unsere bäuerlichen Familienbetriebe müssen dabei im Zentrum der Bemühungen stehen. Im EU-weiten Vergleich ist unsere heimische Landwirtschaft eher kleinstrukturiert – gerade für diese kleinen Betriebe wird das wirtschaftliche Überleben aber immer schwieriger. Deshalb wollen wir Landwirtschaftsministerin Köstinger und die EU-Kommission nochmals dazu auffordern, sich für eine bessere Verteilungsgerechtigkeit bei der Vergabe von EU-Mitteln einzusetzen.
Mehr Gerechtigkeit
Die Direktzahlungen der 1. Säule sind großteils rein an die Fläche gekoppelt. Solange die EU daran festhält, wird der Strukturwandel in der Landwirtschaft weitergehen. Anstatt einer solchen Flächenbindung sollen Förderungen künftig verstärkt an der Arbeitsleistung ausgerichtet werden. Konkret fordern wir einen Sockelbetrag für kleine und mittlere Betriebe sowie eine niedrige Obergrenze für Großbetriebe. Die kleinstrukturierte Landwirtschaft soll dadurch gesichert und gestärkt werden. Denn Familienbetriebe müssen dem wachsenden Konkurrenzdruck der großen (europäischen) Agrarkonzerne standhalten können.
Sozialversicherung der Bauern: Versicherungswert als Grundlage nicht gerecht
Für die Bemessung der Beiträge für die Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung ist der Versicherungswert die Grundlage. Dieser gilt als monatliche Beitragsgrundlage und soll das pauschalierte Erwerbseinkommen darstellen, das durch die Bewirtschaftung des Betriebes im Durchschnitt erzielt wird. Der Gesetzgeber gibt eine Berechnungsmethode vor, wie aus dem Einheitswert der Versicherungswert abzuleiten ist. Leider sind die durchschnittlichen Einkünfte in der Landwirtschaft niedriger als der vorgegebene Versicherungswert. Hier benötigen die landwirtschaftlichen Betriebe umgehend eine Anpassung des Versicherungswertes an die durchschnittlichen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, die im Grünen Bericht des Landwirtschaftsministeriums dargestellt sind. Diese Forderung wurde von uns bei der letzten Vollversammlung durch einen Antrag eingebracht. Dieser wurde aber mehrheitlich abgelehnt.
Mehr Nachhaltigkeit
Unsere Bäuerinnen und Bauern sind zunehmend globalen Prozessen ausgeliefert, welche die Landwirtschaft immer wettbewerbsfähiger und effizienter machen. Wer überleben möchte, braucht deshalb größere Anbauflächen und mehr Tiere. Monokulturen und flächendeckender Pestizideinsatz tun ihr Übriges dazu. Doch welche Auswege gibt es aus diesem Verdrängungswettbewerb?
Wir brauchen einen Wandel hin zu einer nachhaltigen Landwirtschaft, die auch regionale Wirtschaftskreisläufe miteinbezieht und stärkt. Um dorthin zu gelangen, braucht es einerseits eine bessere Honorierung von Ökosystemleistungen. Anderseits muss in diesem Zusammenhang sichergestellt werden, dass Bäuerinnen und Bauern gut von ihrer Arbeit leben können und die Ernährungssicherheit unserer Gesellschaft gewährleistet bleibt.
Keine Kürzungen
Wir haben unsere Bedenken zu Kürzungen, die in diesem Zusammenhang immer wieder im Raum stehen, bereits mehrfach geäußert. Zu einem reduzierten Agrarbudget darf es keinesfalls kommen – nur eine entsprechende finanzielle Ausstattung sichert die Zukunft unserer Landwirtschaft. In diesem Zusammenhang möchten wir auch besonders darauf hinweisen, dass unsere bäuerlichen Klein- und Mittelbetriebe einen großen Beitrag für die Lebensqualität im ländlichen Raum leisten – etwa mit der Pflege der Kulturlandschaft und dem damit verbundenen Schutz vor Naturgefahren.
Bildquelle: SPÖ